Doppelte Jubel-Konfirmation

Die Jahrgänge 1938 und 1944 feiern Eiserne- bzw. Gnadenkonfirmation

Fast auf den Tag genau im März 1953 und 1958 waren die Jungen und Mädchen der Jahrgänge 1938 und 1944/45 in Naurod zur Konfirmation gegangen. Am letzten Sonntag nun, nach 65 bzw. 70 Jahren, konnten sie gemeinsam ihre Eiserne bzw. Gnadenkonfirmation feiern – zum ersten Mal wurden in der Nauroder Kirche zwei Konfirmationsjubiläen am selben Tag gefeiert. Den Festgottesdienst hielt die frühere langjährige Pfarrerin Arami Neumann, die Naurod vor einigen Monaten verlassen hat, um die Position der stellvertretenden Dekanin zu übernehmen. Aber sie kehrte gern an ihre frühere Wirkungsstätte zurück, denn die Nauroder sind ihr in den Jahren doch sehr ans Herz gewachsen.

Am Tag zuvor hatten sich alle Jubilare auf dem Friedhof getroffen, um ihrer bereits verstorbenen Mitkonfirmanden zu gedenken und auf deren Gräbern eine Rose niederzulegen. Es wurde auch pro Jahrgang eine große Kerze gestaltet, die die Pfarrerin im Gottesdienst an der Osterkerze entzündete und auf den Altar stellte. Auf den Kerzen standen die Namen der Verstorbenen, die Pfarrerin Neumann zum Gedenken verlas.

Eiserne Konfirmandinnen und Konfirmanden

Der Festgottesdienst begann mit dem Einzug der Jubilare zu den Klängen der Orgel. Sehr anrührend erschien der Kontrast zwischen den aktuellen Konfirmanden und den Älteren, die vor 65 bzw. 70 Jahren als junge Menschen in derselben Situation waren. Nach dem Abendmahl erhielten die Jubilare aus der Hand der Pfarrerin eine Urkunde als Erinnerung an diesen besonderen Tag und daran, dass Gott ihr Leben durch alle Höhen und Tiefen begleitet hat. Die Jungen und Mädchen des Konfirmandenjahrgangs 2023 überreichten jedem Jubilar eine Rose – eine schöne Geste der Wertschätzung und ein Zeichen der Verbundenheit zwischen den Generationen.

Es ist nicht unbedingt üblich, dass jeder Jahrgang seine Silber-, Gold-, Diamant-, Eisen- oder Gnadenkonfirmation begeht, wobei theoretisch auch noch die Kronjuwelen (75 Jahre)- und die Eichenkonfirmation (80 Jahre) folgen könnten. Da muss schon jemand die Initiative ergreifen und so ein Jubiläum organisieren, wie jetzt Helga Römer und Gerhard Damm. In Naurod ist es ja schöner Brauch, dass viele Jahrgänge regelmäßig gemeinsam etwas unternehmen und auf diese Weise immer in Kontakt bleiben und schließlich auch ihre Konfirmationsjubiläen feiern.

Jubiläen lenken ja immer den Blick zurück in die Vergangenheit. Im Gespräch erzählen Helga Römer und Gerhard Damm, wie damals das Konfirmandenjahr ablief. Pfarrer Otto Metz, seit 1939 in Naurod im Amt, war – so erinnern sich beide –ziemlich streng und hatte hohe Erwartungen an seine Konfirmanden: Der sonntägliche Gottesdienstbesuch, bei dem auch die Kirchenlieder mitgesungen werden mussten, war ebenso Pflicht wie die wöchentliche Konfirmandenstunde, die damals im Pfarrhaus stattfand. Wer fehlte, musste das in seiner Entschuldigung auf jeden Fall gut begründen. Disziplin, Respekt und Pflichtbewusstsein wurden großgeschrieben und es musste viel (auswendig) gelernt werden: Die zehn Gebote, die kirchlichen Fest- und Feiertage und ihre Bedeutung, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser, kirchliche Lieder und einiges mehr. Eine Woche vor der Konfirmation fand die sogenannte Vorstellung in der Kirche statt, d.h. die Konfirmanden präsentierten sich mit ihrem Wissen der Gemeinde: Pfarrer Metz stellte Fragen zu allem, was in den Konfirmandenstunden behandelt worden war; jeder Konfirmand musste sich melden und richtige Antworten geben – blamieren wollte sich keiner. Die Eltern zählten mit, wie oft ihr Kind drankam.

Nach dem Vorstellungsgottesdienst war es Usus, mit dem Pfarrer einen Ausflug zu unternehmen: So fuhr der Jahrgang 1938 (insgesamt 16) mit dem Bus nach Mainz – das damals, acht Jahre nach dem Krieg, noch in Trümmern lag, wie sich Helga Römer erinnert. Nach einem Rundgang durch die Stadt und dem Besuch des Doms folgte die Schlussrast im noch heute existierenden Café Dinges. Für die ebenfalls 16 Mädchen und Jungen aus dem Konfirmandenjahrgang 1958 ging es an ihrem Vorstellungstag nach Frankfurt, wo sie u.a. die Paulskirche besuchten.

Gnadenkonfirmandinnen und -konfirmanden

Die Konfirmation fand am 29.3.1953 bzw. am 23.3.1958 statt. In schwarzen, meist selbstgenähten Kleidern die jungen Damen, in schwarzen Anzügen die jungen Herren und nach dem Gottesdienst Fototermin mit dem Pfarrer auf der Kirchentreppe, so wie es auch heute noch üblich ist. Solche Fotos kennen wir alle. Danach ging es in die Familien. Zum Kaffeetrinken und Abendessen waren die Paten, die Geschwister der Eltern und andere Verwandte eingeladen. Zwischen den beiden Mahlzeiten mussten die Bauern nach Hause, um das Vieh zu füttern, deshalb konnte das Abendessen erst gegen halb neun starten. Am nächsten Tag kamen die Nachbarn zur Kaffeetafel. Von den heute üblichen üppigen Geld- und anderen Geschenken hätten die damaligen Konfirmanden noch nicht einmal geträumt. Geldgeschenke gab es überhaupt nicht und ansonsten zum Beispiel Sammeltassen oder Stoff für ein Kleid oder eine Schürze, häufig auch die erste Armbanduhr.

Die Konfirmation bedeutete auch gleichzeitig den Abschluss der Volksschule und für die meisten den Eintritt ins Berufsleben. Denn direkt im Anschluss, am 1. April, begann für die jungen Leute der Ernst des Lebens, nämlich die Lehrzeit. Von da an musste z.B. Helga Römer jeden Tag nach Wiesbaden fahren, um dort in einer Kürschner-Werkstatt den Beruf der Pelznäherin zu erlernen.

Nach dem Jubiläums-Gottesdienst am letzten Sonntag gab es vor der Kirche noch ein großes Hallo und jede Menge Glück- und Segenswünsche. Nach dem obligatorischen Fototermin auf der Kirchentreppe ging es zum Essen und gemütlichen Beisammensein aufs Hinkelhaus.

Die Gnadenkonfirmation des Jahrgangs 1939 im März 2024 ist bereits in Planung.

Kornelia Bauscher

(Fotos: Elke Schwalbach)

Eiserne und Gnadenkonfirmandinnen und -konfirmanden mit Pfarrerin Arami Neumann