Ostern in Naurod

Die Nauroder Gemeinde, nun schon anderthalb Jahre ohne feste Pfarrperson, hat inzwischen einen bunten Reigen an Gottesdiensten erlebt, gestaltet von Vertretungspfarrer oder -pfarrerin, oder einem/er Prädikanten/in, darunter der Nauroder Martin Maurer, der seine angestammte Gemeinde nicht hängen lässt und hier (wie aber auch andernorts) dazu beiträgt, dass regelmäßig Gottesdienste stattfinden, aber auch ‚Gastprediger‘ aus den großen Stadtkirchengemeinden. Es hat nicht nur Nachteile, für eine Interimszeit immer mal wieder ein neues Gesicht zu sehen, einer neuen Stimme zu lauschen. Am Ostersonntag gab es wieder eine Premiere: Pfarrerin Miriam Lehmann, gebürtige Frankfurterin und etliche Jahre als Gemeindepfarrerin im Rheingau-Taunus-Kreis tätig, lebt seit Mitte März in Wiesbaden – sie ist nun im evangelischen Dekanat Wiesbaden Stellvertretende Dekanin (und bildet damit, nebenbei gesagt, mit der letzten Nauroder Gemeindepfarrerin und jetzigen Dekanin Arami Neumann eines der seltenen weiblichen Führungsduos in der EKHN).

Es war eine besondere Ehre und Freude für die Nauroder, dass Pfarrerin Lehmann den Ostergottesdienst übernommen hat (am kommenden Sonntag wird sie noch einmal in Naurod sein). In einer Ein-Frau-Prozession zog sie mit der Osterkerze ein, deren Licht die Gemeinde ein Jahr lang begleitet. Man spürte, dass da jemand aufrecht und mit beiden Füßen auf dem Boden steht, auch wenn der Blick nach oben gerichtet ist, oder auf das, was über die Welt und ihre Logik hinausgeht. In allen Teilen des Gottesdienstes, der Eingangsliturgie, der Predigt, den Segensworten beim Abendmahl, betonte Pfarrerin Lehmann, dass uns in den dunkelsten Zeiten und an den einsamsten Orten, die einem schon manchmal entsetzlich Angst machen können, Gottes Licht erreichen kann – wenn man im Gebet ausharrt, die Hoffnung nicht aufgibt. Es braucht Zeit, Zeit zu trauern, Zeit verstört zu sein, Zeit zu verstehen. Das gilt nicht nur für die Frauen an Jesu leerem Grab und für die enttäuschten und niedergeschlagenen Jünger, das gilt auch heute noch für uns alle, in einer Welt voller Krieg und anderer Katastrophen, in der Gottes Licht und Gottes Liebe Menschen braucht, die es weitertragen.

Dazu passte der Liedbeitrag der vier Nauroder Sängerinnen (die schon als Ensemble während der Pandemie die Gottesdienste zusammen mit Markus Kaiser am E-Piano mitgestalteten, als weder Gemeinde- noch Chorgesang möglich war): „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!“, und dazu passte auch, dass Christina Dietz als neue Kirchenvorsteherin in den Nauroder KV nachgewählt und im Ostergottesdienst in ihr Amt eingeführt wurde. Eine feierliche, anrührende Zeremonie, nach der die Gemeinde das neue Kirchenvorstandsmitglied mit Applaus willkommen hieß und mit einem lebendigen Abendmahl den inneren Zusammenhalt bestärkte. Und gerade das haben alle, Gemeinden und Kirchenvorstände, bitter nötig, um die Zukunft der Kirche und des Glaubens gemeinsam zu gestalten. Da tut ein solcher Gottesdienst einfach nur gut!

Dr. Margit Ruffing